Aufgeschoben, nicht aufgehoben

Wie lange können im Vorharz noch Gebühren für Niederschlagswasser verhindert werden?

Volksstimme 19.06.2019In der Langen Reise in Wegeleben haben die Arbeiten schon begonnen. In vielen Vorharz-Orten warten Ver- und Entsorgungsleitungen auf eine Sanierung. Foto: Dieter KunzeSeit fast fünf Jahren wird in der Verbandsgemeinde Vorharz über Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung diskutiert. Was in den meisten Kommunen seit Jahren üblich ist, war hier im Interesse der Bürger immer wieder hinaus gezögert worden.

Von Dieter Kunze

Wegeleben l Eigentlich sollte nun endgültig eine "Niederschlagswasserbeseitigungsgebührensatzung" beschlossen werden. Deshalb war zur Sitzung des Verbandsgemeinderates in Wegeleben auch eine ganze Reihe von Einwohnern aus anderen Orten erschienen. Aus Angst vor neuen, hohen Gebühren wollten sie bei der Entscheidung dabei sein. Doch es kam anders.


Gleich zur Eröffnung der Sitzung gab es einen Antrag, den betreff enden Beschluss von der Tagesordnung zu nehmen. Dem schlossen sich zehn Ratsmitglieder an, drei stimmten dagegen und eines enthielt sich. "Eigentlich sind wir froh und wünschen uns das öfter, dass die Bürger an der Sitzung teilnehmen", sagte Verbandsgemeinde- Bürgermeisterin Ute Pesselt (parteilos). Schließlich hätten solche Beschlüsse Auswirkungen auf alle.


"Das Thema ist damit aber nicht vom Tisch". Im Amtsblatt sei ausführlich erläutert worden, welche rechtlichen Verpflichtungen die Verwaltung habe, solche Gebühren zu erheben. "Jetzt hat die Kommunalaufsicht einen Termin gesetzt".


Zu den kritischen Bürgern gehörte Ilona Jänicke aus Harsleben. Sie meinte, eine Veröffentlichung im Amtsblatt genüge nicht. "Wir wollen unseren Ort attraktiver gestalten und nicht durch solche Gebühren in die Knie gezwungen werden." Ihr liegen vor allem die Grundstücksbesitzer mit großen landwirtschaftlichen Flächen, die jetzt Wohnflächen sind, am Herzen.


"Eine Einwohnerversammlung zu dem Thema wäre für alle 13 Orte in der Mehrzweckhalle möglich", so Ute Pesselt. Die Erfahrungen zeigen jedoch, wie schwierig dann die Diskussionen werden, weil jeder seine persönlichen Probleme einbringe.


Es sei jetzt ein Kompromiss, über den Trink- und Abwasserzweckverband Vorharz in Blankenburg (TAZV) eine Gebühr, wie laut Gesetz verpflichtend, einzuziehen. Dies über die eigene Verwaltung zu realisieren, wäre viel kostenintensiver. Schließlich gehe es bei den Gebühren nur um solche Flächen, die auf den Grundstücken versiegelt sind und deren Niederschlagswasser auch tatsächlich vom Grundstück in das öffentliche Netz abgeführt werden.


Das bekräftigte auch Ratsmitglied Mario Martin (Fraktion Bode-Selke-Aue). Er sagte, dass die Gebühren für die Flächen nicht erhoben werden, wenn das Regenwasser auf dem Grundstück bleibt und versickert.


Siegfried Koch aus Harsleben sprach sich ebenfalls für eine Einwohnerversammlung zu dem Thema aus. Entscheiden sollen über das Thema demnächst die neu gewählten Ratsmitglieder, erläuterte Meinhardt Stadler (Fraktion Dörfer mit Zukunft). Für die bisherigen Abgeordneten sollte es die wohl letzte Sitzung sein.


"Die Aufgabe haben wir nun schon vier Jahre auf dem Zettel", erinnerte Verbandrats-Vorsitzender Martin Haas (Fraktion Bode-Selke-Aue). Die Kommunalaufsicht habe jetzt eine Ersatzvornahme angedroht - mit sicher erheblichen Mehrkosten.


Aus Schwanebeck meldete sich Anwohner Bernd Eitze. Er meinte, vor Jahren schon 40 Prozent des Straßenausbaus bezahlt zu haben. Das betraf aber nur die Entwässerung der Straße, die Grundstücke seien bisher kostenfrei angeschlossen gewesen, erläuterte Amtsleiter Tino Schmidt.


"Die Kommunalaufsicht hat uns aufgefordert, bis zum 28. Juni eine Stellungnahme abzugeben, deshalb die Vorlage noch einmal im alten Verbandsrat", sagte Ute Pesselt. Wenn der Landkreis die Gebührenerfassung an einen Dritten übertragen würde, "wird es ein Stück mehr kosten". Man habe sich fünf Jahre vor den Gebühren gedrückt. Das Geld fehle schließlich auch zum Erhalt der Kindereinrichtungen oder der Feuerwehren.


 


(Artikel aus der Halberstädter Volksstimme vom 19.06.2019)